Vielleicht haben Sie schon mal folgende Situation beobachtet: Beim Spaziergang läuft ein kleiner Hund lustig herum, spielt und plötzlich wird ein Hinterbein nicht mehr belastet. Er läuft auf 3 Beinen und winkelt das andere ab. Das dauert ein paar Sekunden bis Minuten und dann ist alles wieder normal und er läuft weiter, als wäre nichts gewesen….. Diese spontane Lahmheit kann ein Hinweis auf das Herausspringen der Kniescheibe sein (Luxatio patellae oder Patellaluxation).
Diese Lahmheitsursache kommt häufig beim Hund vor. Dabei werden 2 Arten unterschieden:
Traumatische Form
meist nach einem Unfall kommt es zu einer einseitigen und akuten länger anhaltenden Lahmheit in der hinteren Extremität. Häufig reißt die Gelenkskapsel oder das vorderer Kniescheibenband ein, wodurch die Kniescheibe nicht mehr in ihrer Position gehalten werden kann und so luxiert.
Angeborene Form (kongenital)
Zum Herausspringen der Kniescheibe kommt es bei dieser Form durch mehrere Faktoren.
- Fehlstellung in der Achse zwischen Oberschenkel und Schienbein
- Fehlbildung am Rollkamm des Oberschenkels
Der Rollkamm sieht ein bisschen wie eine Rutsche aus, in der die Kniescheibe rauf und runter „rollt“. Sind die Seiten „der Rutsche“ nicht gut genug ausgebildet und zu flach – „rutscht“ die Kniescheibe seitlich davon raus (nach innen, oder nach außen).
- Abweichung in der Zugrichtung des vierköpfigen Oberschenkelmuskels (M. quadrizeps femoris)
dieser hält die Kniescheibe mit seinem Ansatzband – dem geraden Kniescheibenband – in Position. Ist die Zugrichtung verändert, wird die Patella beim Gehen aus dem Rollkamm gezogen.
Es können beide Hinterbeine betroffen sein oder aber auch nur eines. Grundsätzlich gibt es zwei Arten des „Herausspringens“- nach innen (medial) oder nach außen (lateral).
Die mediale Form kommt sehr häufig vor und betrifft vor allem kleine Hunderassen. Leider sind oft Zwergrassen von den Fehlstellungen im Knie betroffen, wie
- Yorkshire Terrier
- Zwerpudel
- Zwergpinscher
- Malteser
- Chihuahua
- Papillon
- Pekinese
- Französische Bulldogge
- …
Die laterale Form wird seltener gesehen und kommt meist bei mittleren bis großen Hunderassen vor.
- Pudel
- Cockerspaniel
- Irischer Setter
- Alaska Malamute
- Labrador
- …
Die Patellaluxtation zeigt sich meist bereits bei sehr jungen, noch wachsenden Hunden. Dennoch kann sich auch erst im Alter, vor allem in Verbindung mit anderen Krankheiten, eine Lahmheit entwickeln.
Die Schwere der Lahmheit wird in 4 Grade unterteilt:
Grad 1: Das Tier zeigt einen normalen Gang und es kommt selten zur Lahmheit. Die Kniescheibe gleitet spontan raus und wieder rein – dies führt dazu, dass beim Spaziergang das Bein manchmal nicht belastet und angewinkelt wird.
Grad 2: Kniescheibe springt spontan bei normaler Bewegung aus der Position, gleitet aber nicht mehr von alleine zurück. Das Bein wird länger nicht belastet. Wenn beide Kniegelenke betroffen sind, wird beim Gehen ein Strecken der hinteren Beine vermieden. Bei der Manipulation des Kniegelenks, kann die Kniescheibe bei gestrecktem Bein leicht aus der Position gebracht werden, springt nicht mehr spontan zurück sondern muss wieder zurück „gedrückt“ (reponiert) werden.
Grad 3: Die Kniescheibe ist permanent aus ihrer Position im Rollkamm gedrückt und kann nur mit Mühe wieder in Position gebracht werden – springt aber gleich wieder raus.
Grad 4: Die Kniescheibe ist nicht in Position und kann auch nicht in diese gebracht werden. Hier sind anatomische Fehlbildungen ausschlaggebend.
Wie wird die Diagnose gestellt?
Die Anamnese und die klinische Untersuchung geben einen Hinweis, jedoch erst die genaue orthopädische Untersuchung stellt die Diagnose. Um den Schweregrad und die Fehlstellungen der Achsen beurteilen zu können, sollten Röntgenbilder angefertigt werden. Eine endgültige Untersuchung sollte erst nach dem 10. Lebensmonat erfolgen. Zeigen Welpen jedoch bereits sehr früh (5-6 Wochen alt) schwere Lahmheiten, erfordert dies bereits therapeutische Maßnahmen.
Unsere Ordination ist berechtigt, Zuchtuntersuchungen bezüglich der Patellaluxation durchzuführen!
Wie kann diese Lahmheit behandelt werden?
Die chirurgische Therapie ist das Mittel der Wahl, um die Kniescheibe wieder in Position zu bringen, bzw dort zu halten. Es sollte so früh als möglich therapiert werden um schwere Knorpelschäden und die damit einhergehenden Schmerzen zu vermeiden. Bei geringen Schweregraden und nach einer Operation ist eine regelmäßige Physiotherapie zum Muskelaufbau sehr hilfreich.