Schildkröten sind die am häufigsten gehaltenen Reptilien weltweit. Leider verschont sie ihre Beliebtheit nicht davor, falsch gehalten zu werden. Einer der häufigsten Fehler besteht darin, den Schildkröten ihre natürliche Winterruhe nicht zu gönnen, die den Arten der gemäßigten Zone – darunter auch die europäischen Landschildkröten – zu eigen ist.
In der freien Natur passt sich die Schildkröte den sinkenden Außentemperaturen an. Sie sucht sich einen Unterschlupf oder gräbt sich ein sicheres Versteck für den Winter. Wie alle Reptilien ist auch sie ein poikilothermes Tier. Darunter ist zu verstehen, dass diese Tiere ihre Temperatur nicht selbst regulieren können, sondern sich den Außentemperaturen anpassen. In der Winterruhe, der sogenannten Hibernation, befindet sich das Tier in seiner Minimaltemperaturzone. Die Schildkröte ist in dieser Zeit wehrlos gegenüber Fressfeinden, da sie sich nicht bewegen kann. Sie fährt dafür ihren gesamten Stoffwechsel herunter und kommt so wochenlang ohne Futter aus.
Die Winterruhe ist unerlässlich für eine artgerechte Schildkrötenhaltung!
- nur durch sie kann ein gesundes Wachstum auch von Knochen und vom Panzer gewährleistet werden!
- sie beugt schwerwiegenden Krankheiten vor!
- ohne ist in der Regel keine Nachzucht möglich!
Wie lange schläft meine Schildkröte überhaupt?
Je nach Art dauert die Winterruhe 3 bis 5 Monate. Sie sollte bei den europäischen Arten mindestens 8 Wochen dauern. Die Vierzehenschildkröte schläft mit 5 Monaten doch sehr lange, die maurische Landschildkröte nur wenige Wochen. Es ist also wichtig, sich vorab genau zu informieren, welche Art bzw. Unterart man genau besitzt.
Meine Schildkröte ist doch noch ein Baby!?
Auch für junge Schildkröten ist die Winterruhe enorm wichtig. Schon ab dem ersten Lebensjahr muss diese Ruhezeit dringend eingehalten werden. Jungtiere werden so von Anfang an agiler und robuster. Leider hört man immer wieder von Fällen, bei denen sie bei Jungtieren nicht eingehalten wurde, da sie ja noch so klein seien. In freier Wildbahn müssen die „Kleinen“ auch ab dem ersten Jahr Winterschlaf halten. Dieser sollte aber, je nach Art, nur 1-3 Monate dauern.
Gibt es Ausnahmen?
Ja die gibt es! Eine kränkliche Schildkröte sollte man nicht in Winterruhe gehen lassen, da diese Tiere häufig zu schwach dafür sind. Bitte suchen Sie in einem solchen Fall tierärztlichen Rat.
Warum Sie vor der Winterruhe zum Tierarzt sollten
Es muss sichergestellt werden, dass das Tier fit genug für die Winterruhe ist. Dafür ist eine Allgemeinuntersuchung unerlässlich. Notieren Sie sich das beim Tierarzt festgestellte Gewicht vor Winterruhe, um es mit dem Gewicht während der „Schlafzeit“ vergleichen zu können. Diese Kontrollen sollten ca. einmal im Monat durchgeführt werden. Bitte beachten Sie, dass das Gewicht nicht unter 10% des Ausgangsgewichts sinken sollte.
Wenn sie zum Tierarzt gehen, nehmen sie eine Kotprobe mit, die Sie übermehrere Tage gesammelt haben. So gehen Sie sicher, dass das Tier nicht von Endoparasiten befallen ist. Gegebenenfalls muss eine Wurmkur vor Antritt der Winterruhe durchgeführt werden.
Sie haben ein weibliches Tier? Dann ist es unbedingt notwendig, ihre Schildkröte auf noch ungelegte Eier untersuchen zu lassen. Als die beste Methode dafür wird das Röntgen angesehen, obwohl einige Eier auch schon in der klinischen Untersuchung mittels Tastbefund feststellbar sind. Auch der Ultraschall stellt inzwischen eine gute Möglichkeit zur Diagnosefindung dar.
Der Winter kommt. Was ist zu tun?
Idealerweise zeigt Ihnen ihre Schildkröte von selbst, wann es soweit ist. Allerdings leben nicht alle in Freigehegen und passen sich von selbst an die sinkenden Temperaturen an. Wird Ihre Schildkröte in einem Innengehege gehalten, so muss die Umgebungstemperatur über einige Wochen hinweg kontinuierlich von Sommer auf Winter umgestellt werden. Die Temperatur während der Winterruhe sollte aber keinen falls im Minusbereich liegen, sondern zwischen 2 und 6 Grad Celsius. Um die optimale Temperatur zu bieten, ist es, wieder zu wissen, welche Schildkrötenart man besitzt, da es unterschiedliche Idealtemperaturbereiche für die jeweiligen Arten und Unterarten gibt. Da in freier Wildbahn auch die Tageszeiten kürzer werden, ist dies in den Beleuchtungszeiten zu berücksichtigen. Ihre Schildkröte wird nun träger werden und weniger Futter benötigen. Ungefähr eine Woche vor der Winterruhe nimmt ihre Schildkröte schließlich auch kein Futter mehr auf.
Welche Überwinterungsmöglichkeiten gibt es?
Viele Schildkrötenbesitzer überwintern ihre Tiere schon sehr lange und erfolgreich im Freiland. Allerdings birgt diese Art des Einwinterns die Gefahr von Erfrierungen, da die Temperaturen bei uns oft deutlich tiefer absinken als in ihren Heimatländern. Außerdem gibt es hier keine Möglichkeit, die Schildkröte in ihrer Überwinterung zu überwachen. Falls Probleme in der Winterruhe auftreten, können Sie nicht eingreifen und so kann es passieren, dass Sie Ihr Tier im Frühjahr eventuell nicht mehr lebend antreffen.
Eine weitere Möglichkeit ist die Unterbringung im Keller. Dafür braucht man nur eine Kiste die ca. 3 – 4 mal so lang ist wie die Schildkröte selbst und diese füllt man mit dem passenden Substrat. Geeignet als Füllmaterial sind Gartenerde, Moss oder Laubblätter. Füllen Sie das Material so hoch, dass sie sich ohne Probleme vollständig eingraben kann. Die Schildkröte sollte während der Überwinterung nicht austrocken. Daher ist je nach Kellerfeuchtigkeit das Füllmaterial regelmäßig zu kontrollieren und bei Bedarf zu besprühen. Bei dieser Gelegenheit können Sie auch gleich eine Blickkontrolle bei ihrem Tier durchführen. Sollte ihr Keller sehr feucht sein, müssen Sie darauf achten, dass das Füllmaterial nicht schimmelt und so ihrer Schildkröte schadet. Vorsicht! Mäuse und Ratten machen vor ihrer nun wehrlosen Schildkröte nicht Halt.
Was tun wenn man keinen Keller hat? Hier besteht die Möglichkeit die Schildkröte mit ihrer Kiste im Kühlschrank oder einem Weinkühler unterzubringen. Die Überwachungsmöglichkeit bei dieser Methode ist sehr gut. Man kann Feuchtigkeit und Temperatur unabhängig von der Winterung regulieren. Für die Sauerstoffzufuhr öffnet man einfach einmal pro Woche die Kühlschranktüre.
Hilfe! Meine Schildkröte will nicht mehr schlafen!
Sollte ihre Schildkröte unbeabsichtigt aufwachen, kühlen Sie sie nicht wieder ein, sondern wecken Sie sie langsam auf. Dafür heben Sie die Umgebungstemperatur wöchentlich um 2 – 4 Grad Celsius an. Auch die Beleuchtungszeit sollte mit den steigenden Temperaturen kontinuierlich auf das Sommerniveau angehoben werden. Geben Sie ihrer Schildkröte genügend Zeit für zum wach werden. Insgesamt benötigt ihr Tier ca. 2 Monate für diesen Prozess.
Vor dem Einwintern können Sie ihre Schildkröte unterstützen, indem Sie sie ca. alle 3 Tage baden. Füllen Sie dafür eine kleine Wanne Wasser und lassen sie ihr 20 Minuten Zeit. Je nachdem wie groß ihre Schildkröte ist, benötigen Sie zwischen 1 – 5cm Wasserspiegel. Der Kopf ihrer Schildkröte sollte über Wasser bleiben, damit sie selbstständig atmen kann. Dadurch kann die Schildkröte ihren Wasserhaushalt auffüllen und ihren Darm leichter entleeren.
Es gebe noch sehr viel zu sagen über die Winterruhe ihrer Schildkröten, was sich kaum in einen kurzen Artikel packen lässt. Für Fragen sind wir natürlich sehr gerne da! In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und ihrer Schildkröte einen erholsamen Winter,
Ihr Team des Herz- und Kreislaufzentrums Untersiebenbrunn / Tierarzt Birgit Dumhart